[Review] Senjou no Valkyria

Hawkwing

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[align=justify]Zunächst einmal möchte ich wie immer ein paar Hintergrundinformationen über die Serie bereitstellen, die ich hiermit reviewen möchte. Konkret geht es um eine 26 Folgen umfassende Anime-Serie aus dem Hause A-1 Pictures , die unter anderem auch Fairy Tail , Sword Art Online , Shinsekai Yori und Vividred Operation produziert haben. Die Serie wurde im Jahre 2009 zum Ersten Mal ausgestrahlt und hört im Original auf den Namen Senjou no Valkyria, wobei auch die englische Variante (Valkyria Chronicles) sehr geläufig ist.

Dies liegt darin begründet, dass die Serie auf einem gleichnamigen PlayStation 3-Strategiespiel basiert und sich sowohl im Bereich Story und Artdesign sehr stark daran orientiert. Eine Information noch vorweg, ich habe das Spiel selber nie gespielt und beziehe alle meine Anmerkungen nur auf die Serie.


Kommen wir nun zu den ersten wirklich interessanten Punkten, nämlich dem Hintergrundszenario, der Story und den Charakteren. Da ich in früheren Reviews zu anderen Serien anscheinend ein bisschen zu knapp auf die eigentliche Story eingegangen bin, versuche ich mich nun in diesem Bereich zu verbessern und natürlich wie immer so gut wie möglich Spoiler zu vermeiden.

Wie immer, kommt zunächst eine Kurzbeschreibung von anisearch.de :
Die Geschichte von Valkyria Chronicles findet auf einem fiktiven Kontinent statt, der an das Europa der dreißiger Jahre erinnert. Der Kontinent ist zweigeteilt und wird von der osteuropäischen imperialen Allianz und der atlantischen Föderation regiert. Das Imperium hat es darauf abgesehen, ein kleines, neutrales Land namens Gallia, welches sich zwischen den beiden großen Staaten befindet, einzunehmen. Die Geschichte folgt nun dem Soldaten Welkin und seinen Mitstreitern des siebten Trupps vom dritten Regiment der gallischen Miliz...
Zum Szenario sei zunächst einmal gesagt, dass es sehr gut umgesetzt und ziemlich interessant ist. Es gibt immer wieder mehr oder weniger direkte Anspielungen auf die echte Geschichte, die jedoch den fiktionalen Charakter des Szenarios nicht trüben, da sie sehr subtil und immer im Rahmen der Story angesiedelt sind. Wie anisearch bereits angemerkt hat, ist der männliche Protagonist ein Mann namens Welkin, der Sohn eines hochdekorierten Generals der gallianischen Armee ist und trotzdem nicht in das klassische Bild eines Soldaten passt. Er ist leidenschaftlicher Biologe und wird wie die anderen Charaktere mehr oder weniger unfreiwillig in den Krieg hineingezogen. Ähnliches gilt auch für die weibliche Protagonistin, eine Bäckerin namens Alicia, die sich der Miliz anschließt um bei der Verteidigung ihrer Heimat zu helfen. Dabei fällt auf, dass man über die Hintergründe des Krieges eigentlich gar nicht so viel erfährt. Es wird relativ schnell klar, dass neben dem Expansionsdrang des Imperium auch der seltene Rohstoff "Ragnite" eine wichtige Rolle spielt. Alles in Allem gewinnt die Story rund um die Abwehrschlacht gegen einen starken Feind zwar keinen Innovationspreis, jedoch unterhält sie den Zuschauer sehr gut und kann zu bestimmten Zeiten eine gute Spannung aufbauen.

Die Serie folgt zum größten Teil zwar den Soldaten des siebten Squads - welches wiederum aus extrem unterschiedlichen Persönlichkeiten besteht - und ihren Erlebnissen im Krieg, jedoch beschränkt sie sich nicht darauf. Es kommen ebenso Soldaten aus anderen Squads als auch Funktionäre der Regierung, Armeeangehörige, Presseleute, einfache Zivilisten und des Öfteren sogar Charaktere der Gegenseite vor.

Das hat zum Vorteil, dass die Serie bis auf wenige Ausnahmen das große Ganze nicht aus den Augen verliert und es tunlichst vermeidet, ein klassischen Schwarz-/Weiß-Bild nach dem Schema-F zu malen. Es werden sowohl die Beweggründe des Imperiums und seiner Charaktere aufgeführt als auch Schwächen und Intrigen innerhalb der vermeintlich so guten Seite gezeigt. Natürlich gibt es durch die Erzählstruktur einen klaren Gegner und diverse Antagonisten, die jedoch alles andere als flach sind und nur auf ihre "böse" Seite reduziert werden. So werden nicht nur bei den eigentlichen Hauptcharakteren, sondern auch bei den wichtigsten Charakteren der Gegenseite viele Eigenschaften und Hintergrundinformationen gezeigt, die das Verhalten der Charaktere erläutern und diese greifbar für den Zuschauer machen.

Man findet - Anime-typisch - natürlich auch hierbei ein paar Klischees, die mehr oder weniger stark bedient werden. Jedoch muss ich sagen, dass ich abseits rein persönlicher Abneigungen gegen den ein oder anderen Charakterzug doch sehr positiv von der Charakterzeichung und -tiefe überrascht wurde. Gerade die Antagonisten sind für solch einen Anime bis auf ein paar Ausnahmen erstaunlich gut ausgearbeitet und mit einer interessanten Hintergrundgeschichte versehen. Dadurch wiegen Schnitzer in diesem Bereich natürlich umso stärker, da sie aus dem eigentlich vernünftigen und ernsten Grundprinzip zu stark negativ herausfallen. Als Beispiele hierfür seien der absolut unnötige "Charakter" Hans, ein paar allzu platt agierende und nichts dazulernende Charaktere und die Begriffstutzigkeit so mancher Hauptperson genannt. Auch die zum Glück relativ leichten Tsundere-Eigenschaften von Alicia muss ich hier als Negativbeispiel nennen.

Besonders interessant ist dagegen die Aufstellung des Squads. Wie heißt es so schön? "Die Mischung machts!"? Genau dies trifft nämlich auch hier zu, da jeder Charakter des Squads eigene Beweggründe und Verhaltensweisen hat und es des Öfteren auch innerhalb des Squads zu Konflikten kommt. Dies ist der Vorlage geschuldet, in der die Charaktere bereits sehr gut ausgearbeitet und eigen waren. Dies ist jedoch ein wahrer Glücksgriff, da es abseits der normalen Klischees doch ab und zu zu sehr interessanten Gegensätzen und Konflikten kommt. Rassismus sei hier als ein Beispiel genannt.

Ich finde es ein bisschen schade, dass der Anime die ernsthafte Schiene im Bereich Charakterzeichnung nicht komplett durchgezogen und zu viele Anime-Klischees, die zumindest ich einfach nicht mehr sehen kann, mit eingebaut hat. Nichtsdestotrotz ist die Charakterisierung für einen (zumindest zum Teil) Action-Anime doch sehr gut gelungen.[/align]

[align=justify]Kommen mit der Bemerkung in den Klammern nun zum nächsten Punkt, nämlich der Erzählstruktur und der Ausrichtung der Serie. Anisearch führt Valkyria Chronicles als Actiondrama, welches eigentlich den Nagel genau auf den Punkt trifft. Anders als man es zuerst erwarten würde, liegt der Fokus der Serie insbesondere am Anfang der Serie nicht auf den Schlachten, sondern auf den Charakteren, deren Alltag im Lager und ihre Interaktion und Probleme mit- bzw. untereinander. Das gesamte erste Drittel der Serie ist derartig gestaltet, ohne jedoch komplett in langweiligen Slice-of-Life abzurutschen. Glücklicherweise wird jenes erste Drittel immer mal wieder durch gut inszenierte, anfangs jedoch noch arg unrealistische Schlachten und Kämpfe aufgelockert. Gerade am Anfang lässt die Serie noch ein paar der späteren Qualitäten links liegen und beginnt zumindest meiner Meinung nach recht seicht, woran unter anderem unpassende Comedy-Elemente, die flachen Charaktere, die unrealistischen Schlachten und der zu hohe Alltags-Anteil Schuld sind. All diese Punkte ändern sich jedoch im zweiten Drittel der Serie, bei der sie meiner Meinung nach deutlich an Fahrt, Tiefe und Aussagekraft gewinnt.

Lediglich die sich bereits früh abzeichnende Romanze ließ mich die gesamte Serie über kalt, was aber vermutlich zu subjektiv von mir betrachtet wird. Mir ist sie zu kitschig, langweilig, dämlich und mit zu billigen "Konflikten" gespickt. Ich bin aber im Allgemeinen alles andere als ein Romance-Fan (gerade in Animes) und dementsprechend sollten interessierte Leser meine Worte gerade in diesem Bereich nicht auf die Goldwaage legen. Gut, dass sowieso nicht, aber ich wollte es einfach mal loswerden. Ich bin sicher das es genügend Leute gibt, denen die Romanze in dieser Serie gefällt. Ist ja auch ihr gutes Recht.

So genug, von dem Kram, zurück zu den interessanten Dingen, wie dem zweiten und dritten Drittel der Serie. Der Übergang ist eigentlich recht fließend, jedoch wird die Serie ab einem nicht genau zu definierendem Zeitpunkt wesentlich, wesentlich besser. Dies liegt vor allem an einem wesentlich höheren und vor allem besseren Schlachten-Anteil und der extrem gesteigerten Ernsthaftigkeit. Insbesondere das Rätsel rund um die Diskrimierung und die Deportation des Volks der Darcsen, welches nur langsam aufgeklärt wird und auch innerhalb des Squads zum Teil für rassistische Ressentiments sorgen und der zum Teil schonungslose und menschenverachtende Umgang der Führungsebene (beider Seiten!) mit den normalen Fußsoldaten tragen extrem viel dazu bei. Politische Intrigen bei beiden Lagern und Konflikte zwischen der Miliz und der "richtigen" Armee tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. So unrealistisch die Schlachten ganz genau betrachtet auch bleiben, umso härter und spannender werden sie dann auch. Auch der vergleichsweise hohe Grad an Authentizität führt zu einer Verbesserung in diesem Sektor. Besonders interessant und hochspannend war eine Szene, in der Soldaten beider Seiten unfreiwillig an einem bestimmten Ort aufeinander treffen und aufgrund diverser Ereignisse in einen Dialog miteinander kommen. Insbesondere an dieser Szene wird deutlich, dass die Soldaten auf beiden Seiten eigentlich unfreiwillig in den Krieg hineingezogen wurden, fehlgeleitet wurden, falschen Idealen nachlaufen und nur Schlachtvieh für die Verantwortlichen sind. Von diesem Kaliber gibt es mehrere Szenen, die sich insbesondere im meiner Meinung nach besten Drittel (nämlich dem Zweiten) häufen.

Das letzte Drittel ist zwar immer noch stark, jedoch werden dort ein paar Elemente eingeführt, die meinen Geschmack nicht wirklich getroffen haben. Wirklich schlechter wird die Serie dadurch auf keinen Fall, aber ich hätte mir einfach etwas anderes gewünscht. Da dies jedoch extrem subjektiv ist, werde es ich so gut es geht nicht in die Bewertung einfließen lassen.

Was mir dagegen besonders gut gefällt ist die Tatsache, dass die Menschen in dieser Serie nicht unsterblich sind. Das mag etwas seltsam klingen, jedoch trägt es ungemein zur Authentizität und Atmosphäre bei, wenn auf einmal überraschenderweise (etwas salopp formuliert) Schluss mit Lustig ist. Es gibt viel zu viele Serien, die kriegerische Handlungen zum Thema haben aber durch die Unsterblichkeit der Menschen einfach total unreal und nichtssagend wirken. Ohne in übertriebene grafische Gewaltorgien auszuarten schafft es Valkyria Chronicles durch die Bindung zu den Charakteren in diesem Bereich wesentlich authentischer zu wirken als die meisten anderen Serien und den Schrecken des Krieges zumindest teilweise wiederzugeben.

Leider komm ich nicht drum herum, auch hierbei ein bisschen Kritik zu äußern. Insbesondere atmosphärisch ist mir persönlich die Serie nicht düster, dreckig und hart genug. Zugegeben, das will sie auch gar nicht sein, aber mich persönlich haben die starken, pastellhaften Farben und der seltsame Bildfilter , der eher an ein Gemälde als an einen dreckigen Kriegsschauplatz erinnert, doch schon ein bisschen gestört. Ein wirklicher Vorwurf ist dies auch nicht, da sich die Serie am Stil der Vorlage orientiert und auch ein paar sehr atmosphärische Momente hat. Aber hey, ich wollte es mal gesagt haben und ihr kennt mich alten Meckerheini ja, dem es nie zu düster sein kann...

Abseits des seltsamen Filters, der trotz aller Kritik auch irgendwie interessant - da ungewohnt - ist, gibt es über die Bildqualität nicht viel zu meckern. Qualitativ bewegt sich alles auf einem sehr hohen Niveau, lediglich die Explosionen wirken ein bisschen zu stark Computer-animiert. Das Charakterdesign ist eine Mischung aus Realismus (Körperbau) und Surrealismus (Augen, etc.), wobei es auch hierbei Ausfälle nach oben und unten gibt. Fanservice gibt es erfreulicherweise sehr wenig.

Im Bereich Sound ist die Serie grundsolide. Die OSTs sind zwar immer passend und untermalen die Atmosphäre, jedoch sind sie meiner Meinung nach nicht so aussagekräftig und einprägsam wie die von Shinsekai Yori oder Sword Art Online. Von der absoluten Klasse des Black Rock Shooter TV-OSTs sind sie dagegen weit entfernt, aber nichtsdestotrotz alles andere als schlecht. Die Soundeffekte sitzen gut und haben genug Wumms! um die Schlachten ansprechend zu vertonen. Das Voice-Acting ist auf bekannt hohem Niveau und die Openings und Endings treffen wie fast immer überhaupt nicht meinen Geschmack. Aber das ist bei mir ja eine alte Leier das ich mit japanischer Musik nicht viel anfangen kann...

Ich denke, dass es nach diesem mal wieder viel zu langen Text allmählich Zeit für ein Fazit wird:

Ich fand es relativ schwierig, diese Serie zu bewerten. Sie macht eigentlich extrem viel richtig und objektiv gesehen sehr wenig falsch. Subjektiv bedient sich die Serie mehrerer Elemente, die mir nicht zusagen, was jedoch die Qualität der Serie objektiv nicht schmälert.

Ich gebe mal [glow=red]7,8 von 10[/glow] Punkten und spreche eine bedingte Empfehlung aus. Comedy- und reine Actionfans sind hier an der falschen Adresse. Die Serie lebt von der Story, ihren Charakteren und der Darstellung des Krieges. Sie ist zwar nicht perfekt und hat so manche Schwäche, jedoch werden diese durch die vorhandenen Stärken sehr gut ausgeglichen. Ein Favorit von mir wird sie wohl nie werden, aber sie ist auch alles andere als schlecht und kann ohne Weiteres mindestens als "Gut" bezeichnet werden.

Ein kurzes Wort noch zu den Specials. Bis auf eine Ausnahme ist jede Folge mit katastrophaler Comedy und/oder Fanservice versehen. Das ist nicht schlimm, da man es von derartigen Specials nicht anders gewöhnt ist. Mir haben sie nicht gefallen, aber für Fans dürften sie eine nette Ergänzung sein.

Wesentlich besser als die Specials fand ich dagegen die zweiteilige OVA namens Senjou no Valkyria 3: Tagatame no Juusou, welche zeitgleich zur Handlung der Hauptserie spielt, jedoch andere äußerst interessante Charaktere behandelt. Durch die Kürze ist es natürlich schwer zu beurteilen, jedoch hat sich diese OVA auf die Stärken der Hauptserie konzentriert und auf störende Elemente weitestgehend verzichtet. Da die OVA genau das beinhaltet hat, was mir an Valkyria Chronicles bis auf ein oder zwei klitzekleine Ausnahmen am Besten gefallen hat, würde ich dieser sogar [glow=red]8,2 von 10[/glow] Punkten geben.

Falls ihr Interesse an dieser Serie habt, verweise ich an dieser Stelle mal an Strawhat-Subs , die die Serie in 720p-Qualität auf Deutsch gesubbt haben.

So, mal wieder mit einer überlangen Rezension eine Serie abgeharkt.

mfg Hawkwing[/align]
 
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